Die Bausparkassen kündigen immer mehr Altverträge, für die sie hohe Zinsen zahlen müssen. Es handelt sich dabei oft um Zinsen von vier bis fünf Prozent jährlich. In Zeiten besonders niedriger Zinsen sind solche Verträge für viele Verbraucher besonders attraktiv. Wüstenrot hat jetzt 15.000 Bausparverträge gekündigt, da die Zinsen zu hoch sind.

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Laute Kritik von Verbraucherschützern an Wüstenrot

Verbraucherschützer kritisieren das Verhalten von Wüstenrot und von anderen Bausparkassen. Auf diese Weise vermeiden die Institute die Zahlung hoher Zinsen, ein Grund dafür sind die in den letzten Jahren stark gesunkenen Zinsen für Spareinlagen. Die Stuttgarter Nachrichten berichteten bereits über die Praktiken von Wüstenrot. Viele Kunden beschwerten sich über diese Vorgehensweise bei den Verbraucherzentralen, doch betreffen diese Beschwerden nicht nur Wüstenrot, sondern auch die BHW oder die Aachener Bausparkasse.

Von zwei Seiten gerieten die Bausparkassen unter Druck, da sie hohe Zinsen für Guthaben aus alten Verträgen zahlen müssten, diese aber nicht durch hohe Darlehenszinsen ausgleichen können. Die Kunden verzichten auf teure Kredite und entscheiden sich für günstigere Hypothekendarlehen. Der Bericht wird von Wüstenrot bestätigt, die Vorgehensweise wird als branchenüblich bezeichnet.

Wüstenrot beruft sich dabei auf die Allgemeinen Bausparbedingungen, nach denen eine Vertragskündigung möglich ist, wenn Guthaben und Bonuszinsen die vereinbarte Bausparsumme übersteigen.

Haben sich Wüstenrot Kunden überspart?

Wüstenrot BaufinanzierungDie 15.000 Kunden, die von der Kündigung betroffen sind, haben bereits diese Grenze überschritten, wie Wüstenrot mitteilte. Betrachtet man die 3,6 Millionen Verträge, die bei Wüstenrot bestehen, so sind die 15.000 Kündigungen nur eine geringe Zahl, wie ein Sprecher betonte.

Die Landesbausparkassen, die Bauspartöchter der Sparkassen, halten diese Vorgehensweise beim Erreichen der Bausparsumme ebenfalls für gerechtfertigt, wenn die Vertragsklauseln dies erlauben.

Von Fall zu Fall können sich die Details jedoch unterscheiden, wie Ivonn Kappel, die Sprecherin der Landesbausparkassen in Berlin, betonte. Sie erinnerte an den Zweck der Bausparverträge für die Finanzierung von Wohneigentum. Ein Sprecher des Verbandes der Privaten Bausparkassen sagte, dass Bausparen Zwecksparen sei und dass sich Ombudsleute bereits seit Anfang 2008 in vielen Fällen so entschieden hätten.

Laut Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist der Kunde benachteiligt

Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, wies darauf hin, dass man den Kunden die Verträge mit attraktiver Guthabenverzinsung verkauft hat und nun Ausflüchte im Kleingedruckten sucht. Frank-Christian Pauli, Bankenexperte vom Bundesverband der Verbraucherzentrale, sagte, dass auch Fälle bekannt sind, bei denen die Bausparkassen die ursprünglich vereinbarte Sparphase verkürzen wollten. Diese Praktik ist möglich, indem ein Bonus und Prämien auf ein Guthaben angerechnet werden.

Er hält den Versuch der Bausparkassen nicht für gerechtfertigt, Kunden vorzeitig aus einem Vertrag zu drängen. Der Anteil von Altverträgen mit hohen Guthabenzinsen beträgt bei Wüstenrot am gesamten Bausparsegment ca. 20 Prozent. Dadurch entsteht für Wüstenrot jährlich eine Ergebnisbelastung von ungefähr 100 Milliarden Euro.